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Erfahrungsbericht ProDesign Effect2 |
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Effect2 |
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Konstruktion:
Größe L: 36 offene + 6 geschlossene Zellen,
Fläche ausgelegt 28.66m², Spannweite ausgelegt 11,83m, Streckung 4.88.
Das Kappenmaterial (Porcher Marine) fällt deutlich leichter aus als
der Vorgängerschirm. Auch das Packmaß wurde dadurch verbessert. Meine
erste Befürchtung "Ist das Pergamentpapier?" wurde schnell durch
ein Materialtest beseitigt. Desweiteren wirkt das Tuch etwas kitteriger als
z.B. ein Gelvenorschirm. Wenngleich am Untersegel die Nähte noch außen liegen, ist an der Verarbeitung
nichts auszusetzen.
Gewöhnungsbedürftig ist neue Beschleunigerkonstruktion.
Der Flaschenzug ist jetzt nicht mehr wie beim Vorgänger auf der Vorderseite des A-Gurts
sondern zwischen A- und B-Gurt
angebracht.
Dies erschwert das korrekte Einhängen des Speedsystems.
Start:
Der Effect2 läßt sich aufgrund des leichteren Schirmmaterials
äußerst einfach starten. So ein gutes Groundhandling habe ich bislang
bei keinem anderen Schirm erfahren. Es gibt so gut wie keine Überschießtendenz.
Vorwärts oder rückwärts, die Kappe steht einfach und fertig.
Wiederhochziehen aus tiefen Postionen ist ebenso problemlos. Selbst für
mich bislang unmöglich erscheinende "exotische" Starttechniken
erweisen sich mit dem Effect2 nun als machbar. Leider neigt das leichtere Tuch
bei der Startvorbereitung öfter mal dazu zu verwehen. In diesen Fällen
bemerkt man dann auch noch häufig die lästige Kringelneigung der Edelrid-Leinen.
Liros-Leinen wären da besser.
Flug:
Ich habe den Effect2 während ca. 30 Flüge im August/September
2003 am Achensee, Zillertal, Stubaital und in den Dolomiten geflogen. Überrascht
hat mich dabei, daß sich das Startverhalten (s.o.) und auch das Flugverhalten
doch spürbar vom "alten" Effect unterscheiden, obwohl sich der
Schnitt des Schirms nicht geändert haben soll. Um die Längsachse scheint
der Effect2 etwas kippeliger zu sein als sein Vorgänger. Im Vergleich zum
meinem Relax36 von ProDesign (DHV1-2) mußte ich mich von dem Fluggefühl
"Hier kann mir nichts passieren!" ersteinmal verabschieden. Aber es
ist alles noch im grünen Bereich. Der Effect2 gibt eine klare Rückmeldung
über die umgebenden Luftverhältnisse und kann deshalb seine Stärken
besonders in der Thermik ausspielen. Die Beherrschung eines aktiven Flugstils
erspart auch beim Effect2 den einen oder anderen Klapper. Die Steuerwege empfinde ich im normalen
Steuerbereich als sehr angenehm, im Gegensatz zum Jazz, der hier doch etwas
zu kraftaufwendig ist. Mit entsprechender Gewichtsverlagerung
ist auch die Wendigkeit ausreichend. Für das ambitionierte Acrofliegen
ist der Effect2 dann aber doch etwas zu träge. Die Bedienung des Speedsystems
ist angenehm kraftsparend und läßt sich gut dosieren. Außerdem
sind im beschleunigter Flug so gut wie keine störenden Vibrationen an Kappe
oder Leinen zu bemerken. Erwähneswert sind auch die guten Langsamflugeigenschaften,
was in enger Thermik von Vorteil ist. Desweiteren ist
es fast unmöglich den Effect2 mit der normalen Bremsleineneinstellung zum
Stallen zu bringen (DHV1 eben).
Ohrenanlegen:
Zum Ohrenanlegen existieren 2 Zusatzleinen, die an den A-Tragegurten
befestigt sind. Das erleichtert die Abstiegshilfe sehr. Sind die Ohren
erst einmal angelegt, bleiben sie in diesem Zustand. Man muß die Bremsleinen
tief ziehen, um die Ohren wieder zu öffnen. Von einem DHV1 Schirm hätte
ich das so nicht erwartet. Bei der Notwendigkeit die Ohren längere Zeit
anzulegen, kann eine ausbleibende Öffnungstendenz jedoch durchaus wünschenswert
sein.
B-Stall:
Beim ersten B-Stallversuch mit dem Effect2 in ruhiger Luft ging die Kappe
sofort in eine Frontrosette, wie ich sie eigentlich nur vom Frontstall her kenne.
Auch minimales Entlasten der B-Gurten änderte nichts an der Situation.
Im Gegenteil, die Kappe kippte auch noch nach rechts weg. Nach vollständigem
Entlasten der B-Gurte und etwas Schaukelei war nach ca. 180° Drehung die
normale Fluglage wieder eingestellt. Auch dieses Flugverhalten würde ich
nicht von einem DHV-1 Schirm erwarten, selbst wenn es nur eine Tendenz sein
sollte.
Steilspirale:
Hier ist die DHV-1 Bewertung gerechtfertigt. Die Einleitung der Steilspirale
ist zwar etwas schwer (entweder schaukelt man vorher etwas auf oder man setzt
sich mit entsprechender Gewichtsverlagerung auf seine "bremsende"
Hand), aber der Effect2 neigt nicht zum dynamischen wegkippen, wie so manch anderer Schirm.
Hat man erst einmal den ersten Kraftaufwand überstanden, läßt
sich die Steilheit der Spirale sehr gut dosieren. Ich habe auch nicht empfunden,
daß der Effect2 eine Tendenz zum Verbleiben in der Spirale aufzeigt.
Landung:
Desöfteren mußte ich bei der Landung die Bremsleinen
bis zum Anschlag unter das Sitzbrett ziehen, wo ich anderswo mit 60-70% ausgekommen
wäre. Ich hatte manchmal das Gefühl, als wenn sich durch den Bremsleineneinsatz
zwar die Geschwindigkeit reduziert, aber der Gleitwinkel trotzdem unverändert
bleibt. Ich vermute, daß die Änderung des Anstellwinkels beim Anbremsen
in bestimmten Flugphasen geringer ausfällt als bei anderen mir bekannten
Schirmen. Wohl ein Kompromiss an die Flugsicherheit (DHV1).
Mein Resümee (Stand 2003):
Viel Licht aber auch einige Schatten. Absolutes Highlight ist das Startverhalten
und das Groundhandling. Auch die Steilspirale läßt sich mit dem Effect2
perfektionieren. Damit qualifiziert er sich ideal für Flugschulen bis hin
zum Gelegenheitsflieger. Die Wendigkeit und das Steuerverhalten sind abgestimmt
auf ein entspanntes Fliegen, wenngleich die Klappstabilität nicht ganz
an den "alten" Effect herankommt. Verbesserungsbedürftig ist
die Kringelneigung der Leinen. Fraglich ist außerdem, wie haltbar das
neue leichtere und dünnere Kappenmaterial ist.